
Meine Finger trommelten nervös auf die dicke Platte meines Schreibtisches. Immer wieder sah ich auf die Uhr. Zuerst war es Unsicherheit gewesen, die mich gepackt hatte. Die Unsicherheit hatte sich schließlich in Unruhe verwandelt. Ich hatte das Gefühl, dass bei mir zu Hause etwas nicht stimmte. Seit Wochen schon. Nicht nur, dass etwas nicht stimmte, sondern ich meinte fast schon zu wissen, dass ich betrogen wurde. Von meiner Frau, mit der ich seit 14 Jahren verheiratet war. Dieses Gefühl hatte sich vor ein paar Wochen bei mir eingenistet, erst zaghaft und vorsichtig meine Gedanken irritiert, sie dann mehr und mehr gequält, meine Sinne verwirrt. Es gab nicht mal greifbare Anzeichen dafür. Und schon gar keine Beweise. Und doch, ich war mir so gut wie sicher.
Die Art, wie meine Frau an mir vorbei sah, wie sie mich gedankenlos streichelte, wie sie immer seltener zu Hause zu erreichen war, wie sie Erklärungen abgab, die mir beim besten Willen nicht einleuchtend erschienen. Alles nur Einbildung? Vielleicht. Doch was, wenn nicht? Ich war eigentlich der Meinung gewesen, unsere Ehe wäre gar nicht so schlecht. Im Gegensatz zu vielen anderen Paaren jedenfalls, die ich kannte. Der Sex war zugegebenermaßen etwas eintönig geworden. Aber war das nicht normal? Er war immer noch ganz schön, fand ich. Sabine hatte sich nie beklagt. Wir schliefen immer noch regelmäßig miteinander und wenn sie mir nichts vorspielte, konnte ich sie offensichtlich fast jedes Mal zum Höhepunkt bringen.
Es war fünf Uhr. Vor sechs war ich normalerweise nicht zu Hause. Entschlossen griff ich zum Hörer. Es dauerte sehr lange, bis Sabine den Hörer endlich abnahm. Sie war außer Atem. Das bildete ich mir nicht ein. „Hallo, Schatz. Ich war in der Waschküche …“ Ich lächelte grimmig. „Tut mir leid, wenn ich dich hochgescheucht habe. Ich wollte dir nur sagen, dass es spät wird heute. Vor zehn bin ich bestimmt nicht zu Hause.“ Unruhig holte ich Luft. „Der Chef will mit mir diesen neuen komplizierten Fall, du weißt schon, welchen ich meine, bei einem Abendessen besprechen!“ Sabine wirkte sichtlich entspannt. „Du Ärmster. Stress dich nicht. Ich werde dir ein gutes Glas Rotwein übrig lassen.“
Kaum hatte ich aufgelegt, griff ich nach meinem Jackett, stellte mein Telefon um und fuhr umgehend nach Hause. Das Auto parkte ich einige Straßen vor der, in der wir wohnten, und machte mich zu Fuß auf den Weg zu unserer Einfahrt. Es war November und schon dunkel, was mir heute ganz gelegen kam. Niemand sah mich, als ich wie ein Dieb um unser Haus herumging, mich durch die Büsche drückte, die unseren Garten fast blickdicht umwachsen hatten, und zum Waschkücheneingang schlich, zu dem ich einen Notschlüssel hatte.
Vorsichtig öffnete ich die alte Holztür. Sie knarrte ein wenig, aber nicht zu laut, hoffte ich. Zuerst dachte ich, niemand wäre da. Es war fast gespenstig still im Haus. Aber ich hatte Licht gesehen. Oben in unserem Gästezimmer und im Wohnzimmer.
Ich war grimmig und sehr angespannt vom Büro weggefahren. Doch jetzt wurde ich erstaunlicherweise zunehmend ruhiger. Ich schlich durch die Waschküche und atmete tief ein. Kurz verharrte ich vor der Treppe, die nach oben führte. Jetzt konnte ich Laute hören, die mit jeder Stufe, die ich nach oben ging, deutlicher wurden. Und es waren zweifelsfrei Liebeslaute. Ich hätte wütend werden müssen, vielleicht sogar ausrasten. Hätte nach oben laufen müssen, außer mir vor Empörung und Enttäuschung. Stattdessen stellte sich ein völlig anderes Gefühl bei mir ein. Aufgeregt war ich, nervös, das ja, aber das Unglaubliche war, dass ich eine leichte Erregung feststellen konnte, die mich ergriffen hatte. Meine Lenden kribbelten und ich fing an zu
schwitzen. Ich musste meine Krawatte lockern und ließ das Jackett zu Boden fallen. Dann ging ich die Kellertreppe bis nach oben, öffnete die Tür und wusste, wo ich meine Frau finden konnte. Die Geräusche waren jetzt eindeutig zu lokalisieren. Sie kamen aus dem Gästezimmer. Wenigsten so viel Anstand hatte meine Frau, dass sie es nicht in unserem gemeinsamen Bett mit einem anderen trieb …
Etwas schob mich vorwärts. Vor die Tür des Zimmers, hinter der es rumorte und raschelte, hinter der geseufzt und gestöhnt wurde. Es war Neugierde und Anspannung und eine Art von Erregung, die mir bis dahin fremd gewesen war. Tief in mir drin hoffte ich, meine Frau mit einem anderen Mann zu erwischen. Beim Liebesspiel. Als ich dieses Gefühl entlarvt hatte und es nicht mehr ignorieren konnte, erschreckte es mich heftig. Aber nur für einen kurzen Moment. Dann war diese neue ungeahnte Gier, die ich fühlte, stärker. Vorsichtig schob ich die Tür einen winzigen Spalt auf. Dann etwas weiter. Mehr ging nicht. Ich wollte schließlich nicht entdeckt werden.
Nur die kleine Tischlampe brannte. Im Schein der Lampe sah ich meine Frau, die vollkommen nackt auf dem Bett lag. Das Erste, was ich in diesem Moment dachte, war, wie verlockend sie war. Und dann noch, wie selbstverständlich und ungehemmt sie sich präsentierte. Der nackte Mann, der neben ihr lag, kam mir einen Moment lang bekannt vor. Doch wahrscheinlich und hoffentlich täuschte ich mich. Es musste ja nicht unbedingt sein, dass ich ihn kannte. Sabine hatte ihren Bauch vorgeschoben und ihre Beine weit geöffnet. Sie hatte sich frisch rasiert und ich konnte ihren so einzigartigen typisch limonenartigen Duft riechen, den sie manchmal nach dem Duschen auftrug. Und der mich, warum auch immer, besonders erregte.
Meine Lenden pochten. Stärker. Mein Glied war unter Spannung. Ein Seufzer machte sich in meiner Brust breit, als ich zusah, wie der Mann seine Hand in den Schritt meiner Frau gleiten ließ. Er streichelte sie fast ein wenig grob, doch es gefiel ihr. Sabine dehnte sich unter seinen Fingern. Sie tätschelte ihre Brüste, wie sie es immer tat, wenn sie besonders erregt war. Die Farbe ihrer Nippel veränderte sich beim Liebesspiel. Erst waren sie rosig, dann bekamen sie einen pinkfarbenen Ton. Je erregter meine Frau wird, umso dunkler werden ihre Brustwarzen und wenn sie zum Höhepunkt kommt, leuchten sie schließlich knallrot. Der Mann beugte seinen Kopf über ihren Schoß und küsste sie ausführlich. Das Geräusch seiner Küsse war deutlich zu hören. Ich konnte seine Zunge erkennen, die den Mittelpunkt von Sabines Weiblichkeit aufstöberte, und lächelte zufrieden, als sie stöhnte vor Glück.
Gedankenverloren presste ich meine Hand auf die Wölbung meiner Hose. Meine Erregung wurde immer stärker. Was tat ich hier? Schämte ich mich nicht? Hatte ich das nötig? Was, wenn sie mich sehen würden? Ich hätte was tun müssen. Ich war der gehörnte Ehemann, der betrogene Partner, der hintergangen wurde. Längst hätte ich dem Spiel ein Ende bereiten müssen oder zumindest entsetzt, enttäuscht und entbrannt vor Zorn gehen sollen. Aber ich blieb und mein Drang, die beiden miteinander schlafen zu sehen, wurde nur noch größer …
Der Mann, mit dem mich meine Frau betrog, befriedigte sie wirklich fantasievoll mit nur einem Finger, während er sie weiterhin küsste. Seine Fingerspitze hatte sich an der richtigen Stelle eingespielt und schien sie nicht mehr loslassen zu wollen. Er war muskulös gebaut. Plötzlich war ich mir sicher, dass ich ihn schon mal gesehen hatte. Natürlich. Letzten Monat hatte Sabine ein paar Trainerstunden bei ihm genommen. Der Typ hieß Daniel und war Tennistrainer in dem Club, in dem sie manchmal spielte. Zumindest hatte meine Frau keinen schlechten Geschmack in der Wahl ihrer Liebhaber. Das beruhigte mich komischerweise auch irgendwie …
Jetzt konnte ich deutlich sein Glied sehen. Groß und potent. Ein Stich Eifersucht packte mich. Ich verglich mich doch gerade mit ihm. Er robbte sich auf meine Frau. Mein Atem veränderte sich. Sabine umschlang seine Hüfte mit ihren langen, kräftigen Beinen. Er glitt blitzschnell in sie, stützte sich mit seinen Ellbogen ab und fing an, stetig und ohne Pause in sie hineinzustoßen. Hitze stieg in mir auf. Es wurde eng und unbequem in meiner Hose. Ich hätte mich gerne ausgezogen, aber das konnte ich natürlich nicht tun. Es war unbequem, so dicht an die Tür gepresst zu stehen, und ich hätte sie gern weiter aufgemacht, aber ich durfte auf keinen Fall entdeckt werden. Nicht auszudenken, wie die beiden reagieren würden. Welch peinliche Situation!
Der Mann drängte sich weiter zwischen Sabines Beine. Sie küssten sich voller Leidenschaft. Es war sicher, sie trieben es nicht zum ersten Mal miteinander. Meine Frau presste ihre Hände mit den sorgfältig rot lackierten Fingernägeln auf seinen nackten Hintern und half ihm so, sich tiefer in sie zu schieben. Sein Stöhnen schwoll an. Dann plötzlich zog er sich aus Sabine heraus, schob sich vom Bett herunter, packte sie unsanft und drehte sie auf den Rücken. Seine Hände umschlossen ihre Fußgelenke. Er zog sie wie eine Puppe über das zerwühlte Laken. Sie quiekte erst vor Vergnügen, dann schrie sie vor lüsterner Vorfreude. Ihre Fingernägel krallten sich in die Bettwäsche. Der Mann zog sie so lange über das Bett, bis ihre Hüfte über dem Matratzenrand hing, und stellte sich zwischen ihre Beine. Er presste sie auseinander und hob Sabine an den Oberschenkeln hoch. Ich konnte ihre Scham von hinten sehen. Es glitzerte in ihrem Schritt, dass ich hätte hineinbeißen können.
Dann versperrte mir den Hintern ihres Lovers die Sicht auf ihre weibliche Lust. Ich beobachtete fasziniert Sabines Liebesgebaren. Sie war bis aufs Äußerste angespannt vor Erregung. Ich sah noch wenige Sekunden zu, wie der Mann seine Kraft in sie
stieß. Dann, kurz bevor sie gemeinsam zur Vollendung ihres Aktes kamen, musste ich mich zurückziehen. Meine eigene Lust wäre sonst unüberhörbar geworden. Ich schlich mich davon und atmete schwer vor unterdrückter Gier. Was sollte ich damit tun? Ungeduldig stürzte ich aus dem Haus. Draußen musste ich lange tief Luft holen, bevor ich wieder einigermaßen klar denken konnte. Meine Reaktion, oder besser beschrieben meine Nicht-Reaktion auf das Geschehene blieb mir unverständlich.
Langsam ging ich zu meinem Auto zurück, stieg ein und fuhr zu einer nahe gelegenen Kneipe. Es war zum Glück niemand da, der mich kannte. Der Cognac musste in diesem Moment einfach sein. Ich blieb sitzen, bis ich vollkommen ruhig geworden war, dann fuhr ich zurück nach Hause. Sabine lag in unserem Bett. Sie sah frisch geduscht aus und roch so gut. Ich konnte ihren so einzigartigen typisch limonenartigen Duft riechen, den sie manchmal nach dem Duschen auftrug. Und der mich, warum auch immer, besonders erregte. Sie blinzelte mich an. Irgendwie erwartungsvoll. Ich blieb zögernd vorm Bett stehen. Meine Frau streckte die Hand nach mir aus. „Komm zu mir. Ich habe auf dich gewartet …“
Unter der Bettdecke trug sie ein schwarzes, durchsichtiges, wunderschönes Negligé. Es schien neu zu sein. „Habe ich heute extra für dich gekauft. Für uns“, fügte sie noch hinzu. Meine Klamotten fielen zu Boden. Nackt stieg ich zu meiner Frau ins Bett. Meine Lust auf sie war nicht mehr mit Worten zu beschreiben. Sie erschien mir so unglaublich begehrenswert und verführerisch, wie ich es in unserer gesamten Ehe selten empfunden hatte. Ich dachte nur noch an sie, als ich sie berührte, küsste und in sie glitt. In dieser Nacht schlief ich mit ihr in jeder erdenklichen Stellung. Wir trieben es scheinbar mühelos in wirklich ausgefallenen Positionen. Wir fühlten uns leicht und beschwingt. Waren im Einklang miteinander wie schon lange nicht mehr. Unsere Orgasmen waren einzigartig.
Wofür solche ausgefallenen Fantasien doch manchmal gut sind …, dachte ich noch, bevor ich endlich vollkommen befriedigt und total erschöpft einschlief, im Arm meine rundum glückliche Frau. Ich würde ihr ja nicht erzählen müssen, was ich mir an sexuellem Hirngespinst eingebildet hatte … Als ich am nächsten Morgen jedoch in die Waschküche ging, um meine Sportschuhe für das abendliche Fußballtraining einzupacken, trat ich auf mein Jackett, das achtlos hingeworfen auf der Waschküchentreppe
lag. Den ganzen Tag über grübelte ich nach und kam zu folgendem Schluss: Ich hatte geahnt, dass etwas bei mir zu Hause nicht stimmte. Dass meine Frau, mit der ich seit fast 14 Jahren verheiratet war, mich betrog. Es gab zwar keine Beweise dafür, aber Anzeichen. Ernst zu nehmende Anzeichen. Ich würde meine Frau von nun an sehr genau beobachten …
Erotische Fantasien - „Alles nur Fantasie?“ von Dave Vandenberg - Carl Stephenson Verlag