Die 20 häufigsten Rechts-Irrtümer

Die 20 häufigsten Rechts-Irrtümer

Wir alle sind schon mal auf Halbwahrheiten reingefallen. Gerade in der Rechtsprechung ist nicht immer alles eindeutig. Damit Sie immer auf der sicheren Seite sind: Hier das Wichtigste!

Die Rechtsprechung ist manchmal ziemlich kompliziert. Mit Halbwahrheiten kommt man nicht weiter© fotolia/arahan
Die Rechtsprechung ist manchmal ziemlich kompliziert. Mit Halbwahrheiten kommt man nicht weiter

Manche Mythen werden sogar über Generationen weitergetragen. Ein Bereich, in dem dieses Phänomen weit verbreitet ist: die Rechtsprechung. Das Fatale: Halbwahrheiten können sehr ärgerliche Folgen haben. Abgesehen von der peinlichen Situation, in der man stundenlang auf seinem vermeintlichen Recht beharrt und am Ende doch alles ganz anders ist.
Ein Beispiel: Sie gehen einkaufen und entdecken im Supermarkt ein Waschmittel. Es kostet halb so viel wie in der Drogerie. Sie denken: Wow, was für ein Schnäppchen, laden gleich mehrere Pakete in den Einkaufswagen. Die Freude ist groß. An der Kasse angekommen, verlangt die nette Dame am Band aber doch den regulären Preis von Ihnen. Sie stutzen und zeigen auf den roten Preisaufkleber. Sie fühlen sich im Recht und beharren auf den ausgezeichneten Preis. Der Marktleiter muss kommen. Er erklärt, man werde das Waschmittel zu diesem Preis nicht verkaufen.
Sie sind sauer und schwören, nie wieder in diesem Laden einzukaufen und sich zu beschweren. Zu Hause lesen Sie nach. Und erkennen, dass Sie im Unrecht waren. So ein Mist! Hier sind die 20 häufigsten Rechts-Mythen.

1. Eltern haften für ihre Kinder

Bei uns haben Eltern laut Gesetz (BGB § 832) eine elterliche Aufsichtspflicht. Verletzen sie diese, können sie für ihr eigenes Fehl- verhalten zur Rechenschaft gezogen werden. Selbst dann sind Eltern aber nicht immer haftbar. Das Amtsgericht München urteilte, dass es zulässig ist, ein siebenjähriges Kind in der Nähe der Wohnung Fahrrad fahren zu lassen, und zwar, ohne es ständig zu beaufsichtigen. 
AG München, Az.: 322 C 3629/07

2. Überweisungen sind innerhalb von sechs Wochen stornierbar

Das stimmt nicht. Denn: Wer eine Überweisung bei seiner Bank aufgibt, schließt einen Vertrag mit der Bank. Und dieser kann nur gekündigt werden, bevor er beim Bankinstitut des Empfängers eingegangen ist. Sprich: Wenn man nicht sehr schnell handelt, ist nichts mehr zu machen. Anders allerdings ist es bei Einzugsermächtigungen. Die können tatsächlich innerhalb von sechs Wochen vom Empfänger zurückgeholt werden.

3. In der Ehe bin ich nicht zum Sex verpflichtet

Es ist kaum zu glauben, aber tatsächlich ist das ein Irrtum. Im Gesetz (BGB § 1353) steht geschrieben, dass Eheleute zur „ehelichen Lebensgemeinschaft“ angehalten sind. Das heißt zwar nicht wörtlich, dass wir zum Sex verpflichtet sind, aber einige Gerichte haben bereits klargestellt, dass es sich bei dieser Formulierung auch um Geschlechtsverkehr handelt. Einklagbar ist der Beischlaf allerdings nicht. Na, immerhin!

4. Reduzierte Ware ist vom Umtausch ausgeschlossen

Falsch. Denn: Wichtig ist, wie bei jedem an- deren Produkt, dass es einwandfrei ist. Weist das Produkt aber einen Mangel auf, und es wurde vor dem Kauf nicht darauf hingewiesen, hat auch hier der Kunde das Recht, den Artikel umzutauschen. Wird allerdings schon im Geschäft auf die Fehlerhaftigkeit des Teils hingewiesen, ist eine Reklamation tatsächlich ausgeschlossen. Also: Augen auf beim Kauf!

5. Ich kann jeden Kauf binnen zwei Wochen rückgängig machen

Dieser Rechts-Irrtum ist immer noch weit verbreitet. Doch die Regel ist tatsächlich: Verträge sind verbindlich. Und das gilt auch für Kaufverträge, die ich in einem Geschäft eingehe. In einigen Sonderfällen allerdings gewährt der Gesetzgeber dem Käufer ein Widerrufsrecht. Das ist zum Beispiel bei Verträgen der Fall, die postalisch, telefonisch oder übers Netz zustande gekommen sind. Hier gelten die zwei Wochen Widerrufsfrist.

6. Verträge müssen in Schriftform geschlossen werden, um gültig zu sein

Ein Vertrag ist nur dann wirksam, wenn er auch schriftlich geschlossen wurde? Irrtum! Denn wahr ist: Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Verträge grundsätzlich keiner besonderen Form bedürfen. Das heißt im Klartext: Auch Verträge, die per Handschlag oder am Telefon geschlossen werden, sind rechtsgültig. Allerdings ist es deutlich praktischer, im Alltag Verträge schriftlich zu fixieren. Denn dann kann man beweisen, dass und zu welchen Bedingungen man sich geeinigt hat.

7. Der Letzte muss zahlen

Ein netter Abend mit Freunden im Restaurant. Jeder zahlt für sich und geht. Doch am Ende stehen noch zwei Posten auf der Rechnung, die nicht beglichen wurden. Muss der Letzte der Runde zahlen? Nur, wenn der Wirt genau beweisen kann, wer welche Gerichte und Getränke geordert hat. Hat er aber alle Bestellungen auf nur einem Bon notiert, ist das nicht mehr möglich. Und so bleibt er leider auf dem fehlenden Betrag sitzen.

8. Wer auffährt, hat Schuld

Das stimmt nicht ganz. In der Tat ist es so, dass immer derjenige in der Beweisschuld ist, der vor Gericht Geld von einem anderen verlangt. Das heißt, der Auffahrer muss beweisen, dass der vor ihm Fahrende die Schuld für den Unfall trägt. Und: Richter nehmen bei Auffahrunfällen gerne zunächst an, dass der Auffahrende der Unfallverursacher war. Und diese Annahme gilt es, vor Gericht dann zu entkräften.

9. Kinder müssen um 22 Uhr zu Hause sein

Aus irgendeinem Grund hält sich sehr hartnäckig das Gerücht, Kinder dürften nach 22 Uhr nicht mehr draußen sein. Aber diese Information ist völlig falsch. Das Jugendschutzgesetz (§ 4 und 5) beinhaltet tatsächlich kein Ausgehverbot für Kinder nach 22 Uhr. Es wäre theoretisch möglich, dass ein Kind unter der Woche um drei Uhr morgens noch am Bahnhof rumhängt. Das Einzige, was Kindern wirklich verboten ist: Dass sie sich zu später Stunde an jugendgefährdenden Orten wie Kneipen oder Diskotheken aufhalten.

10. Eheleute haften für die Schulden des Partners

Das gilt so pauschal nicht. Denn nur aus der Tatsache, dass man verheiratet ist, ergibt sich keine Haftung. Und: Wer nicht explizit für die Schulden des Partners mitunterschrieben hat, haftet auch nicht. Anders ist es bei gemeinsamen Vertragsabschlüssen und sogenannten Geschäften „zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“. Das sind zum Beispiel Lebensmittel, Schulbücher oder der Abschluss für ein gemeinsames Telefon. Hier kann auch der Partner belangt werden.

11. Es gilt der Preis, der draufsteht

Die große Mehrheit glaubt, dass der ausgezeichnete Preis auf einem Produkt auch an der Kasse gilt. Doch so ist es leider nicht. Denn das Preisschild ist kein verbindliches Angebot. Dieses wird erst dann unterbreitet, wenn der Kunde mit dem Produkt zur Kasse geht und dort die Ware zum vorgeschlagenen Preis kaufen möchte. Der Verkäufer hat jetzt die Möglichkeit, das Kaufangebot vom Kunden abzulehnen und den richtigen, aber nicht ausgezeichneten Preis für das Produkt zu verlangen. 
OLG Koblenz, Az.: 4 U 1113/05

12. Die Rückgabe gilt nur in Originalverpackung und mit Kassenbon

Das ist so nicht ganz richtig. Wollen Sie die Ware reklamieren, weil sie einen Mangel hat, können Sie das tatsächlich auch ohne Originalverpackung tun. Hilfreich ist dabei ein Kassenbon. Das aber auch nur, weil Sie so nachweisen können, dass Sie in diesem Geschäft die fehlerhafte Ware gekauft haben. In der Tat brauchen Sie aber noch nicht einmal einen Kassenbon, wenn ein Zeuge den Kauf bestätigen kann. Die Originalverpackung und den Bon können die Händler auch nur dann verlangen, wenn Sie fehlerfreie Produkte zurückgeben und umtauschen wollen. Das nämlich geschieht in der Regel auf Kulanz des jeweiligen Geschäfts und ist nicht Ihr Recht.

13. Kündigungen müssen begründet werden

Falsch. Ein Arbeitgeber muss seine Kündigung nicht begründen. Allerdings ist er verpflichtet, seinem ehemaligen Angestellten den Grund nach einer Aufforderung mitzuteilen. So kann der Arbeitnehmer seinerseits prüfen, ob die Kündigung auch rechtmäßig war. In den meisten Fällen jedoch teilen die Vorgesetzten diesen aber erst im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor Gericht mit. Vorsicht: Für Schwangere und Auszubildende gelten andere Regeln. Hier ist die Kündigung wirklich nur mit einem Grund wirksam.

14. Ein Aushang im Treppenhaus reicht, um für die Party die Nachtruhe hinauszuschieben

Irrtum! Um 22 Uhr beginnt die Nachtruhe. Und die kann auch nicht mit einem Aushang im Treppenhaus verlängert werden. Ab 22 Uhr gilt Zimmerlautstärke. Außerhalb der eigenen Wohnung darf dann nichts mehr zu hören sein. Wer sich nicht daran hält, muss sogar mit einem Bußgeld rechnen. Auch bei Silvester oder einer Hochzeitsfeier muss auf die Nachbarn Rücksicht genommen werden. Wer doch etwas länger und lauter feiern möchte, sollte einfach vorher mit seinen Nachbarn darüber reden.

15. Vor Gericht die Aussage im Prozess verweigern

Natürlich darf man die Aussage verweigern, glauben viele. Und irren. Ein Aussageverweigerungsrecht steht nur engen Verwandten eines Beklagten zu. Oder aber, wenn man sich selbst belasten würde.

16. Hund und Katze kann man immer in der Mietwohnung halten

Per Gesetz darf Ihr Vermieter die Haltung der Vierbeiner im Mietvertrag nicht grundsätzlich ausschließen. Allerdings muss im Einzelfall abgewogen werden, ob ein Haustier z. B. Nachbarn beeinträchtigt. In jedem Fall müssen Sie den Vermieter vorab informieren.

17. Man darf nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit duschen

Stimmt nicht! Diese bittere Pille muss man als Nachbar im Mehrfamilienhaus schlucken: Mieter dürfen rund um die Uhr duschen, auch wenn dadurch eine Geräuschbelästigung entsteht. Einzige Richtlinie: Nach maximal 30 Minuten sollte die Reinigung beendet sein.

18. Im Supermarkt kann man vom Obst am Stand probieren 

Nein. Die meisten Supermärkte sind zwar kulant, aber besser immer vorher fragen. Denn rechtlich gesehen handelt es sich tatsächlich um Diebstahl.

19. In der Mietwohnung muss man neuen Bodenbelag einfach so hinnehmen

Nein, zumindest nicht gegen den Willen des Mieters. Der Austausch eines alten Bodenbelags stellt lediglich eine sogenannte Erhaltungsmaßnahme dar. Der Vermieter darf die Wohnung in diesem Punkt nicht wesentlich verändern. Wenn der Mieter darauf besteht, muss der Vermieter vielmehr einen neuen Teppichboden, der in Farbe, Art und Güte mit dem alten vergleichbar ist, verlegen lassen. Das gilt auch, wenn die Art des Bodenbelags nicht im Mietvertrag festgelegt wurde. Schließlich hat der Mieter die Wohnung so angemietet.

20. Nachts darf im Mehrfamilienhaus nicht die Waschmaschine laufen

Falsch! Hier ist es genauso wie mit dem Duschen: Waschmaschine oder Wäschetrockner dürfen auch nachts laufen. Es müssen allerdings leise Geräte sein, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Wenn sie nicht stören, dürfen sie sogar an Sonn- und Feiertagen angestellt werden, haben Gerichte entschieden.

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