Plötzlich arbeitslos! Was kommt jetzt?

Plötzlich arbeitslos! Was kommt jetzt?

Ein vernichtendes Gefühl: Wenn dem Leben die Mitte fehlt – der Beruf. Barbara (48) hat dieses Schicksal ereilt. Die Verkäuferin erzählt von ihrem Schicksal. Wie ist es, plötzlich arbeitslos zu sein, und wie kommt man aus dem Gefühlschaos heraus?

Frau sitzt am Tisch, hat den Kopf in die Hände gelegt, wirkt verzweifelt© iStock
Plötzlich arbeitslos zu sein, kann einen in ein tiefes Loch reißen

Die Kündigung traf die langjährige Verkäuferin aus heiterem Himmel. Sie erlebte eine Achterbahn der Gefühle: Schock, lähmende Verzweiflung und schließlich Hoffnung.

„Es war ein Paukenschlag. Ich stand vor meinem neuen Chef und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte mit allem Möglichen gerechnet, am ehesten mit einem Lob, aber nicht mit einer Kündigung. Ich war raus. Weil ich zu alt bin. Obwohl er mir das nur durch die Blume sagte. Zehn Jahre hatte ich in der Boutique in Ingolstadt gearbeitet. Meine Umsatzzahlen waren immer die besten von allen, die Kundinnen schätzten meine Beratung. Dann verkaufte die Besitzerin den Laden an eine Bekleidungskette, wir Mitarbeiter durften bleiben, mussten aber einen neuen Vertrag mit Probezeit unterschreiben. Das erste Gespräch mit dem Chef war sehr nett. Ich hatte ein gutes Gefühl. Doch nur vier Wochen später war alles vorbei. Und Tschüss!

Abends versuchte mich mein Lebensgefährte zu trösten. Ich sei doch schließlich gut und würde bestimmt bald etwas finden. „Das wäre doch gelacht“, sagte Heiko. Am nächsten Tag ging ich zum Arbeitsamt. Dort würde man mir bestimmt helfen, eine neue Stelle für mich haben. Ich war schließlich eine erprobte Fachkraft. Am Empfangstresen musste ich die wichtigsten Angaben machen. Hinter mir – mit einem lächerlichen Diskretionsabstand von einem Meter – wurde die Schlange immer länger.

Alle sahen und hörten mir zu. Das war mir unangenehm. Schließlich hatte ich die erste Hürde genommen. Jetzt hieß es warten auf den ersten Termin bei meiner Beraterin in einigen Wochen. Meine Odyssee Arbeitssuche hatte begonnen. Wenigstens hatte ich meinen normalen Alltag. Ich stand morgens auf, weckte mein Kind, schickte es zur Schule, mein Partner war schon längst los zur Arbeit. Und dann? Nichts. Ein merkwürdiges Gefühl. Ich suchte im Internet nach Stellenangeboten und schickte Bewerbungen raus. Doch alle kamen zurück. Ab der 30. hörte ich auf, zu zählen, und machte nur noch sporadisch weiter. Es schien mir so sinnlos. Stattdessen lenkte ich mich mit allem Möglichen ab. Ich sah fern, blätterte in Zeitschriften – und fühlte mich nutzlos. Als ich einmal einkaufen ging, traf ich eine Bekannte, die fragte, wie es mir gehe. ‚Prima‘, sagte ich. ,Ich habe mir beruflich eine Auszeit genommen.‘ Ich konnte selbst nicht glauben, dass ich das gesagt hatte.

Fünf Monate hing ich durch. Dann hatte meine Vermittlerin endlich gute Nachrichten: Ich darf als Weiterbildung einen PC- und Buchhaltungskurs belegen und mich fit machen für einen Bürojob. Es ist wie das Erwachen aus einem Albtraum. Ich kann wieder loslegen, habe ein Ziel. Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht schaffe.“

 

Das sagt die Expertin: Prof. Dr. Maike Luhmann leitet die Arbeitseinheit für Psychologische Methodenlehre an der Ruhr-Universität Bochum

Über Nacht ohne Job: Was bedeutet das für Betroffene?
„Plötzliche Arbeitslosigkeit wirkt sich auf fast alle Lebensbereiche aus: Betroffene haben weniger Geld, berufliche Anerkennung und soziale Kontakte fallen weg, der Alltag ist ohne Arbeit unstrukturiert. Unter diesen Veränderungen leiden Männer mehr als Frauen. Die Forschung zeigt: Je länger die Arbeitslosigkeit anhält, umso mehr sinkt die Lebenszufriedenheit.“

Wie bewahrt man Lebensmut, wenn man lange ohne Job ist?
„Wichtig ist, dass Betroffene sich wieder eine sinnvolle Aufgabe suchen, sich zum Beispiel ehrenamtlich engagieren. Da knüpfen sie neue soziale Beziehungen und erhalten auch Wertschätzung und das Gefühl, gebraucht zu werden, wieder zurück.“

Wie können der Partner und Freunde demjenigen helfen?
„Zunächst ganz praktisch, bei der Jobsuche. Aber auch emotional, indem sie gut auf ihn achten. Bei ständiger Niedergeschlagenheit des Arbeitslosen ist psychologische Hilfe ratsam.“

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