
Es ist kaum zu glauben: Der strahlend blaue Himmel und die wehenden Palmen sind keine nette Hintergrundeinstellung beim Videocall. Nein, diese Traumkulisse ist echt! Der Mensch dort vorm Computer sitzt wirklich am Strand. Er nippt während des Meetings glückselig lächelnd an seinem baumfrischen Mangosaft und hin und wieder, in kurzen Gesprächspausen, ist leise das sanfte Rauschen des Meeres zu hören. Später, erzählt er, ist er noch zum Surfen verabredet, die Wellen rollen heute besonders schön. Und danach steigt noch die Party an der Poolbar, deswegen fängt er morgen später an zu arbeiten. Sein Teint: sonnengeküsst. Seine Kolleg:innen am Monitor in Deutschland: Blass vor Neid.
Leben und arbeiten, wo andere Urlaub machen – ein Traum? Keineswegs. Für digitale Nomaden ist das die Realität ihres Arbeitsalltages. Sie haben das Hamsterrad verlassen und das eintönige Büroeinerlei gegen ein ortsunabhängiges Leben eingetauscht. Heute Beach, morgen Berlin, nächste Woche Dubai und über Weihnachten bei Mutti auf der Couch? Solange die Internetverbindung steht, kein Problem! Denn digitale Nomaden verdienen ihr Geld meist online, nutzen digitale Mittel und Technologien, um dort arbeiten zu können, wo sie wollen.
Weltweit zählen, Schätzungen zufolge, bereits Millionen von Menschen zur Gruppe der digitalen Nomaden – Tendenz steigend. Spätestens mit der Pandemie hat sich doch gezeigt: Büroarbeit und 9-to-5 sind nicht das Maß aller Dinge. Homeoffice steht der Produktivität nicht im Wege und überhaupt, gute Ideen haben Menschen auch beim Planschen im Pool oder in der Küche am Herd. Für Meetings braucht es keinen Konferenzsaal mehr und der Weg zur Arbeit frisst jede Menge Zeit, die anderswo deutlich besser investiert ist. Ins neue Projekt zum Beispiel. Oder in eine Yogasession auf dem Sonnendeck. Flexibilität ist Trumpf im neuen Jahrzehnt. Zeitlich und örtlich.
Für die Freiheit ist es nie zu spät
Für einige Berufsgruppen ist es daher nur eine logische Konsequenz, den Laptop einzupacken und mobil ihr Glück zu machen: Ob als Copywriterin oder Fotograf, ITler oder Projektmanagerin, als Psychologin, Coach oder Sprachlehrerin – viele Jobs lassen sich von überall aus ausüben. Wer nun traurig seinen Videocall-Hintergrund auf „Beach-Modus“ einstellt, mit dem sicheren Gewissen, aufgrund der falschen Berufswahl auf ewig im trüben Büroalltag festzusitzen: Für die Freiheit ist es nie zu spät! Zumindest in unserer vernetzten, globalen Welt ist der Sprung aus dem Hamsterrad in ein selbstbestimmteres Leben viel einfacher geworden. Nie war der Zugang zu Bildung so unkompliziert wie jetzt und noch nie zuvor waren die Möglichkeiten für starke Netzwerke und neue Einnahmequellen so vielfältig. Wer ein Unternehmen gründen, ein Produkt verkaufen, ein Talent vermarkten will, braucht keinen Uni-Abschluss, kein repräsentatives Bürogebäude, keine Mitarbeitenden vor Ort mehr. Es reichen Mut, die Freude am Lernen, gute Ideen und die richtigen Connections. Der Weg zum Meeresrauschen, weg vom monotonen Brummen der Bürokaffeemaschine, er führt übers Internet.
Vom Dorfmädchen zur Weltenbummlerin
Das Internet ist auch die wichtigste Einnahmequelle von Anika Scheuer. Dem Instagram-Profil der digitalen Nomadin und ihres Partners Tayler Schweigert, folgen mehr als 160.000 Menschen. In seiner „Social Media Akademie“ gibt das Paar künftigen digitalen Nomaden Wissen an die Hand, welches ihnen ebenfalls zu einem Einkommen im Internet verhelfen soll. Ihre Schüler und Schülerinnen: Menschen, die davon träumen, wie ihre Vorbilder Anika und Tayler um die Welt zu reisen und frei zu leben und zu arbeiten.
Wobei das „um die Welt reisen“ bei Anika und Tayler bald, zumindest vorübergehend, weniger Thema sein wird: In seiner Wahlheimat, auf der indonesischen Insel Lombok, baut das Paar an seinem neuen Haus. Nachwuchs hat sich angekündigt. Hier, fern der Heimat, dem schönen Westerwald und dem Dorf, „das mehr Kühe als Menschen hat“, lebt Anika mit ihrem Tayler einen Traum, der für andere noch unerreichbar scheint. Noch. Denn das Internet, so die beiden „Lovelifepassport“-Gründer, bietet ein „Meer der unbegrenzten Möglichkeiten“, welches nur darauf wartet, von angehenden digitalen Nomaden erobert zu werden.
Digitale Nomaden: Ein Meer der Möglichkeiten
In Zeiten der Globalisierung liegt Arbeitnehmenden und Gründer:innen nämlich eigentlich die Welt zu Füßen: Fast 5 Milliarden Menschen nutzen das Internet und rund 58 Prozent der Weltbevölkerung sind bei Social Media aktiv – ein unerschöpfliches Potenzial, besonders für (angehende) digitale Nomaden. Handelt es sich dabei doch um mögliche Auftraggeber, Fans, Followerinnen und Kundinnen! Mehrere Milliarden Menschen, die dazu beitragen könnten, dass der Traum von Bali statt Büro, Kanaren statt Kantine oder Kopenhagen statt Konferenzraum Wirklichkeit wird.
Um diese Menschen zu erreichen, braucht es vor allem: Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit sei im Internet zur wichtigsten Währung geworden, betont Anika Scheuer. Als Influencerin weiß sie, wovon sie spricht. „Zurückblickend kann ich gar nicht glauben, was alles passiert ist. Heute bereisen wir als Beruf die Welt, zeigen anderen Menschen, wie sie durch ein ständig wachsenden Internet-Einkommen das Gleiche tun können“, so Anika Scheuer über ihren Traumjob. Ihre Begeisterung fürs Reisen entdeckte sie einst als Flugbegleiterin. Heute fliegt sie, Dank des florierenden Online-Business, als Passagierin erster Klasse. Oder genießt den Ausblick vom neuen Haus, direkt aufs türkisfarbene Meer vor Lombok.
Nie wieder das Murmeltier grüßen
Eine besondere Fähigkeit, eine gute Idee, Knowhow oder ein herausragendes Produkt helfen natürlich, um online erfolgreich zu sein. Die richtige Software und clevere Tools sind ebenfalls wichtig. Am allerwichtigsten sind aber: Lernwille, Disziplin und Mut zur Veränderung. Mit dieser Kombination lassen sich schnell, am besten zunächst „nebenberuflich, 500 bis 1.000 Euro im Internet verdienen“, so Anika Scheuer. Um dann, über die Zeit, aus dem zweiten Standbein das erste zu machen und als digitaler Nomade den Lebensunterhalt zu verdienen.
Jedoch: Der Erfolg kommt nicht über Nacht! Auch nicht im Internet. Einfach rein ins Netz und raus in die Welt geht selten gut, denn Erfolg ist immer harte Arbeit. Und bleibt es auch, egal wie leuchtend blau der Himmel und strahlend weiß der Strand ist. Erfolgreiche digitale Nomaden arbeiten oft nicht weniger als klassische Büromenschen, müssen sich mit steuerlichen Fragen, Visa und weiteren Herausforderungen auseinandersetzen. Zum Beispiel mit einem Mangel an Drogeriemärkten, wie Anika Scheuer, die auf Lombok verzweifelt nach anständigen Windeln fürs Baby sucht.
Dennoch: Zurück ins Office zu gehen und täglich das Murmeltier zu grüßen, ist für viele digitale Nomaden keine Option. Denn unter Palmen, in den Bergen oder im Coworking mit Menschen aus aller Welt, fühlt sich auch harte Arbeit einfach immer leichter und freier an. Außerdem ist die zeitliche Flexibilität, jenseits fixer Meetingtermine, natürlich ein zusätzliches Plus.
Und so ein echter tropischer Hintergrund, nicht nur im Videocall – der macht halt auch einfach verdammt gute Laune!