Selbstgespräche: Gesund oder am Rande des Wahnsinns?

Selbstgespräche: Gesund oder am Rande des Wahnsinns?

Ist die irre? Auf keinen Fall! Selbstgespräche helfen uns dabei, selbst kniffelige Probleme zu lösen und das kleine Glück zu entdecken. Woran das liegt und warum wir häufiger Selbstgespräche führen sollen, verraten wir Ihnen.

„Das Denken ist das Selbstgespräch der Seele“, wusste bereits Platon.© adobestock
„Das Denken ist das Selbstgespräch der Seele“, wusste bereits Platon.

Wir tun es. Fast immer und überall: Selbstgespräche führen. Glauben Sie nicht? Dann achten Sie mal ganz bewusst auf die innere Stimme in Ihrem Kopf. Und? Hören Sie sie? Wenn ja, dann ist das nicht nur richtig gut so, sondern damit gehören Sie auch zu 96 Prozent aller Menschen, die laut Umfragen mit sich selbst im Gespräch sind. 

Experten gehen sogar davon aus, dass es jeder tut – es den mageren vier Prozent nur nicht bewusst ist. Heißt das jetzt etwa, wir sind alle verrückt? Absolut nicht. Der Monolog mit uns selbst ist total gesund, hat einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden, nimmt vielen die Einsamkeit und macht sogar glücklich. Schon kleine Kinder führen Selbstgespräche. Aber nicht nur in Gedanken. Sie lieben es, sich lautstark mit sich selbst zu unterhalten. So verarbeiten sie die Erlebnisse des Tages – und fühlen sich dabei nicht allein. Die Psychologin Corinna Reichl vom Universitätsklinikum Heidelberg erklärte in einem Interview, dass bei dieser Art von Gespräch die gleichen Hirnregionen aktiv werden, wie bei einem echten Dialog mit einem Gegenüber unter vier Augen.

Vertrauen Sie der Kraft Ihrer Worte

Ob nun für alle hörbar oder auch nur im Stillen: Wer mit sich selbst spricht, kann ungeahnte Kräfte entwickeln, kann sich motivieren und bestärken, beruhigen oder zu kreativen Höhenflügen animieren. Ignorieren Sie Ihre innere Stimme nicht länger, sondern geben Sie ihr eine echte Chance. Wie das gelingen kann? Wir zeigen es Ihnen anhand von vier ganz alltäglichen Beispielen.

4 Situationen, in denen Selbstgespräche helfen

1. Vor Herausforderungen

Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihrem Chef erklären, warum Sie endlich eine Gehaltserhöhung verdient haben. Jetzt kann ein Selbstgespräch wahre Wunder wirken. Gehen Sie zunächst einmal im Kopf den Dialog mit Ihrem Boss durch. Ihr Gehirn wird die Informationen wie in einer Datei auf dem Desktop abspeichern und für spätere Rückfragen bereithalten. Ein weiteres Plus: Sie können sich damit selbst motivieren und Mut machen. Sagen Sie ruhig mal laut heraus, was Sie denken. Zum Beispiel: „Maria weiß, dass sie das schafft! Sie hat in ihrem Leben schon ganz andere und größere Herausforderungen gemeistert.“ Sich selbst in der dritten Person ansprechen – ist das nicht albern? Vielleicht. Aber es wirkt. Versprochen! Und das ist sogar wissenschaftlich besiegelt. Denn: Forscher der Universität Michigan haben herausgefunden, dass ein Selbstgespräch in Motivationsfragen genau so den größten Einfluss auf uns hat. Ruhig mal versuchen!

2. Als Erinnerungshilfe

Wir müssen uns höchst wahrscheinlich keinen großen Lernstoff mehr einprägen, aber der Alltag ist doch mit seinen kleinen To-do-Listen herausfordernd genug. Auch hier hat das gesprochene Wort eine magische Kraft. Wiederholen Sie die Dinge, die Sie sich merken wollen, laut. Beim Zuhören ist unser Gedächtnis noch besser in der Lage, Informationen abzuspeichern. Ein weiterer Trick: Setzen Sie die Worte in Zusammenhang und stellen sich selbst Fragen dazu: „Maria muss heute noch Blumen für ihre Freundin Anne kaufen. Welche Blumen möchtest du denn kaufen, Maria?“ Beantworten Sie die Fragen immer möglichst genau. So schlagen Sie eine Brücke, an die Sie sich garantiert erinnern werden.

3. Im Gedanken-Karussell

Jeder von uns hat wohl schon einmal erlebt, dass Gedanken sich im Kreis drehen. Wir können uns auf nichts mehr konzentrieren. Es geht nur noch um das Erlebte oder ein bevorstehendes Ereignis. Schlaflose Nächte inklusive. Die Lösung: ein ernstes Wort mit uns selbst. Beim Sprechen bringen wir unser Innenleben wieder in Ordnung und werden klar. Vergleichbar mit einer Begegnung mit unserer besten Freundin. Danach wissen wir immer plötzlich ganz genau, was zu tun ist. Vielleicht hilft es Ihnen auch, wenn Sie sich für Ihren Dialog eine Person vorstellen, mit der Sie reden. Ihnen fällt niemand ein? Keine Sorge. Schon allein das laute Denken bringt Ordnung ins Chaos, gibt Struktur – und stoppt den sich immer schneller drehenden Gefühls-Wirbel auf der Stelle.

4. Bei wirklich großen Gefühlen

Wut, Trauer, Freunde, Glück. Große Emotionen brauchen ihren Platz – wollen rausgelassen und verarbeitet werden. Sonst werden vor allem die negativen Stimmungen schnell zu einem belastenden und immer wiederkehrenden Problem. Deshalb: Geben Sie ihnen Raum, und lassen Sie sie zu. Das geht besonders gut, indem Sie Ihre Empfindungen genau benennen und sich selbst hinterfragen. Versuchen Sie es mal mit: „Ich bin extrem traurig darüber, dass ... Warum macht mich das so traurig?“ Es ist wichtig, dass Sie hier mit sich in der Ich-Form kommunizieren. So kommen Sie in direkten Kontakt zu Ihrem Innersten. Diese Form der Verarbeitung befreit – und zwar nachhaltig. Gönnen Sie sich doch einmal eine ruhige Minute für ein ausgiebiges Gespräch mit sich selbst – und Sie werden sehen.


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