
Schon früh in der Schule wird darüber aufgeklärt, dass Kondome der einzig wirksame Schutz vor Geschlechtskrankheiten sind. Die SchülerInnen lernen das Aufziehen an Holzdildos oder Bananen teilweise lange vor dem ersten Ernstfall. Früher war das anders. Mein erster Kontakt war auf einem Geburtstag bei einer Schulfreundin. Da war ich vielleicht zwölf und hatte von Tuten und Blasen noch lange keine Ahnung. Auf einer öffentlichen Herrentoilette aus dem Automaten gezogene Kondome wurden zu Wasserbomben umfunktioniert und sorgten für großes, aber auch etwas peinlich berührtes Gelächter. Welchem Zweck sie eigentlich dienten, wusste ich noch nicht wirklich. Und ob die anderen es so genau wussten, glaube ich eigentlich auch nicht. Das ist heute zum Glück etwas anders. Lustige TV-Spots und die Mach’s mit-Plakate der BzgA haben maßgeblich dazu beigetragen, dass Kondome gesellschaftsfähig geworden sind und die Hemmschwelle beim Kauf und Gebrauch gesenkt wurde. Aber obwohl das alles scheinbar einfach ist, gibt es immer noch jede Menge Stolperfallen auf dem Weg zu sicherem Sex.
Die erste Hürde: Der Einkauf
Um ein Kondom benutzen zu können, muss man ja überhaupt erst einmal eines haben. Kaufen kann man sie an vielen verschiedenen Orten: in der Drogerie, in der Apotheke, im Supermarkt, im Sexshop oder im Internet. Für die gestandenen Liebhaber und Liebhaberinnen unter uns stellt es kein Problem dar, wenn sie sich mit der sichtbaren Ankündigung von Sex in die Schlange an der Kasse einreihen. Die Schüchternen unter uns oder auch die Anfänger sehen das hingegen doch häufig etwas anders. Und das kann schon die erste Hürde sein, an der sie scheitern. Wobei mir gerade auffällt, dass ich zwar schon oft gedankenverloren auf die Waren auf dem Fließband vor mir gestarrt habe – Kondome habe ich dazwischen aber noch nie gesehen. Ein Supermarkt ist vielleicht nicht die erste Adresse, wenn es um so persönliche Einkäufe geht. Apotheken oder der anonyme Versand über das Internet bieten sich da schon eher an.
Ein, zwei, drei – Welche Sorte wünsche ich mir herbei?
Welches Kondom soll es denn überhaupt sein? In Farbe, mit Geschmacksrichtung, feucht oder trocken, mit Noppen oder im Dunkeln leuchtend – jeder, wie er oder sie es mag. Hauptsache, das Kondom hat das Prüfsiegel CE und befindet sich noch innerhalb des Haltbarkeitsdatums. Es gibt hauchdünne Kondome und auch dickere, die sich besonders gut für den Analverkehr eignen. Innen mit Lidocain oder Benzocain beschichtete Kondome sollen die Empfindlichkeit der Eichel herabsetzen und damit Männern helfen, die unter einem vorzeitigen Samenerguss leiden. Also, vor dem Kauf kurz innehalten und überlegen, was es denn nun genau sein soll.
Weniger ist manchmal mehr
Absolut wichtig ist die richtige Größe. Ist ein Kondom zu klein, kann es reißen. Ist es zu groß (und Männer neigen gern zu Übertreibungen), kann es abrutschen. Da Penisse nun einmal von Träger zu Träger sehr unterschiedlich sind, gibt es Kondome auch in verschiedenen Größen und Formen. Der Umfang ist entscheidender als die Länge, trotzdem ist beides wichtig. Also her mit dem Maßband und los geht’s. Im erigierten Zustand wird die Länge von der Peniswurzel bis zur Eichel und an der dicksten Stelle der Umfang gemessen. Auf der Seite liebesleben.de gibt es ein Online-Kondometer, mit dem Ihr einfach herausfinden könnt, welche Größe passt – klickt hier.
Aufgepasst bei der Lagerung!
So, nun haben wir endlich das richtige Kondom gefunden und gekauft. Jetzt sollte es im passenden Moment auch zur Hand sein. Das Portemonnaie oder die Hosentasche scheinen gute Aufbewahrungsorte zu sein. Sind sie aber nicht. Denn hier kann das Material durch Reibung, Druck und Wärme porös werden und beim Gebrauch reißen. Besser sind Kondome in kleinen Schachtel oder Dosen aufgehoben. Achtung im Urlaub: Temperaturen über 30 Grad sind ebenfalls schlecht für das Material!
Seid mutig und übernehmt Verantwortung
Es geht zur Sache, der Augenblick der Glückseligkeit naht. Doch wie sage ich nun, dass ich ein Kondom dabei habe? Denkt er, ich bin leicht zu haben, wenn ich vorsorge? Denkt sie, ich will nur das Eine? Das sind Gedanken, die erfahrene Liebhaber und Liebhaberinnen sowie Beziehungserprobte weniger plagen. Aber es sind Gedanken, die gerade junge Menschen aus Scham schon einmal davon abhalten, für sich selber zu sorgen und sich zu schützen, zumal wenn die Schwangerschaftsverhütung schon anderweitig gesichert ist. Kondome schützen aber auch vor STI und mit denen ist nun wirklich nicht zu spaßen. Also, seid mutig: Kondom raus, vor die Nase halten, auf den Nachttisch legen und wenn nötig darüber reden. Ein Kondom kann auch in das Liebesspiel einbezogen werden. Schon einmal darüber nachgedacht, es mit den Lippen überzustreifen? Oder direkt einen kleinen Handjob anzuschließen? Oder eine große Show daraus zu machen? Abrakadabra! Humor schadet nie und lockert so manche befangene Stimmung auf.
Gewusst wie
Kondompackungen sollten auf der gezackten Seite aufgerissen und vorsichtig aus der Hülle gezogen werden. Scheren sind Tabu und spitze oder eingerissene Nägel können das Material verletzen. Aufgepasst also. Das kleine Reservoir oben am Kondom soll später das Sperma auffangen. Damit dafür genügend Platz da ist, muss es beim Aufziehen mit zwei Fingern zusammengedrückt werden. Dann wird das Kondom auf die Eichel aufgelegt und vorsichtig über den Penis abgerollt. Wenn sich das Kondom nicht abrollen lässt, liegt es vermutlich falsch herum. Da sich aber schon vor dem Sex erste Lusttropfen mit Spermien auf der Eichel befinden können, darf es nicht einfach umgedreht werden. Dann muss auf jeden Fall ein neues her! Latexkondome dürfen nicht mit öl- oder fetthaltigen Gleitmitteln verwendet werden, da auch davon das Material porös wird. Ein letzter Tipp: Beim Herausziehen des Penis aus Vagina oder Anus sollte das Kondom festgehalten werden, damit es nicht doch noch aus Versehen abrutscht oder hängenbleibt. Und wenn man sich erneut ins Vergnügen stürzt, muss natürlich ein neues Kondom her!
Anja Drews – Sexualwissenschaftlerin für ORION