
Mal nicht überlegen müssen, ob es zum Abendbrot ein Stück Fleisch sein darf, mal der Kleinen ein Paar richtig schicke neue Winterstiefel kaufen. Es sind Wünsche, die für die meisten Deutschen normal sind. Nicht so für die 43-jährige Anna. Für sie sind Fleisch und Kinderstiefel der pure Luxus. Das war nicht immer so, doch nach der Scheidung vor zwei Jahren ist Anna finanziell sehr viel schlechter aufgestellt und muss jeden Cent zweimal umdrehen.
Nach der Scheidung ist vor dem finanziellen Abstieg
Nach ihrem Realschulabschluss macht Anna eine Ausbildung zur Physiotherapeutin. „Ich liebte meinen Job. Die Arbeit mit den Patienten machte mir irre viel Spaß. Und dazu noch meine netten Kolleginnen. Wir waren ein tolles Team“, erinnert sich Anna. Nach ihrer Ausbildung wird sie in der Praxis übernommen, alle sind begeistert von der lebenslustigen und engagierten, jungen Frau. Dann lernt sie bei der Arbeit einen netten Mann kennen. Er ist etwas älter als sie und ihr Patient. Nach seiner letzten Stunde lädt Markus sie schließlich zum Abendessen ein. Anna verfällt dem ehrgeizigen Studenten sofort. Ein Jahr später zieht sie bei ihm ein. Als Anna 23 Jahre alt ist, wird sie schwanger. „Ich war überglücklich. Schade fand ich nur, dass wir vor der Geburt nicht heirateten. Das holten wir dann sieben Jahre später nach.“ Und obwohl Markus damals dagegen ist: Bis zur Geburt ihres Sohnes Maximilian arbeitet Anna Vollzeit in ihrem Beruf weiter. Danach geht die damals 23-Jährige in Elternzeit. „Markus war gerade mit dem Studium fertig und nahm seinen ersten Job als Betriebswirt bei einem größeren Unternehmen an. Er verdiente nicht schlecht und konnte für uns beide sorgen. Trotzdem wollte ich nach drei Jahren
wieder zurück in den Beruf. Doch Markus bat mich, ein wenig zurückzustecken und ihm zu Hause den Rücken freizuhalten.“ Und für Anna ist das eine Selbstverständlichkeit. Ihre Eltern hatten ihr die klassische Rollenverteilung vorgelebt. Also ist für sie klar: Sie kümmert sich um den Haushalt und das Kind, während Markus Karriere macht.
Oft ist die junge Frau alleine. Denn ihr Partner ist häufig auf Geschäftsreise. „Für mich war es eher schwierig, dass ich so gar nichts mehr für mich hatte. Ich kochte, putzte und übernahm die Kindererziehung. Doch daneben hatte ich nichts Eigenes mehr.“ Und trotzdem beißt Anna die Zähne zusammen. Zwar bringt sie das Thema von Zeit zu Zeit auf den Tisch, doch Markus will einfach nicht, dass seine Frau arbeiten geht. Und so setzt sich der willensstarke Mann erst mal durch.
Als Maximilian dann auf eine weiterführende Schule kommt, will Anna die Chance nutzen und wieder ein paar Stunden die Woche in ihrem alten Job arbeiten. Die Stelle in der Praxis, in der sie früher angestellt war, ist durch die Übernahme eines anderen Betriebs aber gestrichen worden. Was bleibt: befristete Teilzeitjobs. „Und selbst die waren unglaublich begehrt. Ich hatte so gut wie keine Chance mehr, richtig reinzukommen.“ Trotzdem nimmt Anna jeden Job an, den sie kriegen kann – auch wenn Markus strikt dagegen ist. „Es war ja nur für ein paar Stunden die Woche. Aber es war etwas, das ich nur für mich tat, auch wenn es sich finanziell fast gar nicht lohnte.“
Als Anna 38 Jahre alt ist, wird sie noch einmal schwanger. Maximilian ist inzwischen 15 Jahre alt. Und obwohl das zweite Kind nicht geplant ist, freut sich das Paar. Wieder ist klar: Sie bleibt zu Hause, kümmert sich um das Baby, während Markus an seiner Karriere feilt.
Und dann der Schock: Als ihr Nesthäkchen ein Jahr alt ist, trennt sich Markus plötzlich von ihr. „Von einem Tag auf den anderen war alles vorbei. Und ich saß da mit der kleinen Marie und einem fast erwachsenen Sohn und wusste nicht mehr weiter. Neben dieser heftigen emotionalen Enttäuschung machte ich mir auch finanzielle Sorgen. Mit einer Trennung hätte ich niemals gerechnet. Schließlich hatten wir uns ‚bis das der Tod uns scheidet‘ geschworen.“
Einige Zeit später erfährt Anna, dass Markus eine Affäre hat, mit dieser Frau zusammenziehen will. Sie erhält von ihrem Noch-Ehemann den so genannten Trennungsunterhalt. Dass ihr eigentlich viel mehr zusteht als die 1.000 Euro, die ihr Markus monatlich überweist, erfährt sie erst später. Bei der Gerichtsverhandlung steht Anna dann plötzlich im Fokus: „Ich hatte den Eindruck, ich war jetzt hier die Dumme. Von dem Richter wurde ich gefragt, warum ich denn die ganzen Jahre nicht Vollzeit gearbeitet hätte. Markus blieb bloß stumm und sagte dazu gar nichts.“
Wie lange muss Unterhalt gezahlt werden?
Vom Gericht wird ihr schließlich ein Betreuungsunterhalt zugesprochen. Allerdings nur so lange, bis Marie drei Jahre alt ist. Danach solle Anna wieder Vollzeit arbeiten. „Dazu wäre ich doch sicherlich in der Lage, fragte mich der Richter damals.“ Doch einige Wochen nach dem Urteilsspruch kam gleich der nächste Schock: Markus hat einen neuen Job angenommen – und zwar im Ausland. Seit zwei Jahren ist Anna völlig auf sich allein gestellt, ihr Ex-Mann zahlt ihr keinen Cent. Und auch, wenn Maximilian mittlerweile ausgezogen ist und eine Ausbildung in Stuttgart macht und Anna nun einen Teilzeitjob hat, ist es schwer, über die Runden zu kommen. Und das alles nur, weil sie sich immer selbst zurück genommen hat.
Das steht Ihnen rechtlich zu
Viele Frauen befinden sich nach der Scheidung in einer unglücklichen Situation. Informieren Sie sich frühzeitig bei einem Anwalt für Familienrecht. Hier ein kleiner Überblick.
Trennungsunterhalt – was ist das, und wer bekommt ihn?
Nach der Trennung und bis zur Entscheidung des Gerichts steht demjenigen Partner, der weniger verdient, der so genannte Trennungsunterhalt zu.
Wer bekommt ab wann nach der Scheidung Unterhalt?
Nach der Scheidung erhält nur derjenige Partner Unterhalt, der sich in einer bedürftigen Situation befindet und deshalb nicht selbst in der Lage ist, sein Einkommen selbst zu erwirtschaften. Zu diesen Situationen zählt zum Beispiel, wenn kleine Kinder zu betreuen sind. Den Anspruch auf diesen Basisunterhalt hat der Betroffene dann für mindestens drei Jahre nach der Geburt eines Kindes. Weitere Faktoren sind Arbeitslosigkeit, Krankheit, Altersunterhalt oder aber Ausbildungsunterhalt.
Und wenn die Frau für die Familie auf ihre Karriere verzichtet?
Sobald Kinder auf dem Weg sind, sollten diese Frauen einen Ehevertrag abschließen. Tun sie das nicht, stehen sie im Fall einer Scheidung mit leeren Händen da. Und das, obwohl viele Frauen heutzutage immer noch zugunsten der Karriere ihres Mannes auf den eigenen Erfolg verzichten. In einem Ehevertrag muss dann alles möglichst konkret festgehalten werden. Also: Wie stellt sich das Paar ganz genau den Alltag vor, wenn die Kinder auf der Welt sind. Nur so kann bei einer Scheidung nachvollzogen werden, auf was die Frau verzichtet hat.
2008 gab es eine Reform im Unterhaltsrecht – was heißt das?
Frauen müssen, falls sie zu Hause waren, schnell zusehen, wieder eine Arbeit zu finden. Ihnen wird zugemutet, auch einen anderen als den erlernten Beruf auszuüben.
Weitere Informationen
- Die wichtigsten Fakten rund um das große Thema Scheidung, Unterhalt und Vaterschaft: www.familienrecht-heute.de
- Die Seite des Bundesministeriums informiert über alle Gesetze und Reformen: www.bmjv.de
- „Die Zeitschrift für das gesamte Familienrecht“ gibt auf ihrer Seite gute und komprimierte Hinweise und weiterführende Infos zu neuen Regelungen: www.famrz.de