Gehen oder bleiben? 3 Frauen, 3 Beziehungskrisen

Gehen oder bleiben? 3 Frauen, 3 Beziehungskrisen

Ein Seitensprung, wütende Ausbrüche, plötzlich aufflammende Gefühle - hat diese Partnerschaft wirklich noch ein Zukunft? Diese Frauen haben sich entschieden.

Spuren im Sand einer Frau in weißem Kleid vorm Sonnenuntergang© iStock
70% der Frauen in einer Partnerschaft fänden es gut, wenn ihr Mann etwas an sich ändern würde. 52 Prozent aller Scheidungsanträge werden übrigens von Frauen eingereicht.

Nadine (46) aus Marburg: „Ich habe mich in einen anderen verliebt. Gehen will ich aber nicht.“

Fast 18 Jahre sind Nadine und Martin schon verheiratet. Sie haben ein Haus, zwei Kinder – alles könnte perfekt sein. Wenn Nadine sich nicht vor einigen Monaten in einen anderen Mann verliebt hätte.

Nach 18 Jahren ist in ihrer Beziehung der Alltag eingekehrt. Um die Finanzierungsaten für das Haus decken zu können, sind beide berufstätig. Martin arbeitet seit drei Jahren im Außendienst einer großen Firma. Und auch Nadine ist halbtags als Arzthelferin beschäftigt. „Neben Hausaufgaben und Kinder ins Bett bringen, blieb zugegebenermaßen nur noch wenig Zeit für unsere Partnerschaft. Dazu kam, dass Martin vier von fünf Tagen nicht zu Hause war. Ich habe mich einfach einsam gefühlt“, sagt Nadine. 

Beim Einkaufen lernt die Marburgerin dann zufällig einen Mann kennen. Sie treffen sich einige Male – und kommen sich über diese Gespräche näher. „Er hat mir zugehört, mich als Frau wahrgenommen.
So wie er mich ansah, hatte mein Mann mich seit Jahren nicht mehr angesehen.“

Als Nadine merkt, dass sie sich in den Mann verguckt hat, beichtet sie Martin alles – nur verlassen will sie ihn nicht. „Ich will nicht aufgeben. Wir haben viel geredet – das erste Mal seit langer Zeit wieder. Wir wollen es zusammen schaffen, eine Paartherapie machen. Den Kontakt zu dem anderen Mann habe ich abgebrochen – für unsere Familie.“

Magdalena (37) aus Dortmund: „Als mein Freund ständig Wutanfälle bekam, habe ich Schluss gemacht“

Wir waren ein halbes Jahr zusammen, da rastete Daniel (43) das erste Mal aus“, erzählt Magdalena. Die Physiotherapeutin ist damals zutiefst erschrocken. „Es ging darum, ob wir abends zu einer Verabredung mit einem Freund von Daniel gehen würden. Ich fühlte mich nicht gut und wollte gerne zu Hause bleiben. Da rastete er völlig aus. Er schrie und fegte sogar
mit seiner Hand ein Glas vom Tisch.“ Magdalena weiß nicht, wie sie die plötzliche Wutattacke ihres Freundes einordnen soll. „Aber nach dem Ausbruch war er wieder so lieb wie immer und entschuldigte sich sofort.“

Doch nach ein paar Wochen rastet er wieder aus, wirft wieder mit Dingen um sich, macht auch noch absichtlich eine Vase kaputt, die Magdalena von ihrer Mutter geerbt hatte. Und wieder geht es um eine Kleinigkeit. „Es war fast so, als wäre der Damm gebrochen. Es tat ihm hinterher immer sehr leid, aber das konnte ich ihm irgendwann auch nicht mehr glauben“, erklärt die Dortmunderin.

Ein paar Monate und viele Ausbrüche später trennt sie sich schließlich. „Er machte mir nur noch Angst. Mit so einem jähzornigen Menschen konnte ich nicht zusammen sein – also machte ich Schluss. Bevor noch etwas Schlimmeres passiert.“

Ariane (48) aus Witten: „Er ist fremdgegangen. Ich weiß nicht, ob ich ihm je wieder vertrauen kann“

Wochenlang schon hatte Ariane vermutet, dass irgendetwas passiert sein musste. „Wir sind schon seit über 21 Jahren verheiratet. Er konnte mir nichts vormachen, und trotzdem schwieg er“, erklärt Ariane. Seit der Weihnachtsfeier war es zwischen ihnen komisch. Ihr Mann Thomas (52) verhielt sich ungewöhnlich, wich ständig ihrem Blick aus, zog sich zurück. Darauf angesprochen beteuerte er, dass alles in Ordnung sei. Doch das war es nicht. 

„Eines Abends dann saßen wir bei einem Wein zusammen. Auf einmal fing Thomas an, zu weinen. Er beichtete mir, dass er nach der Weihnachtsfeier mit seiner Kollegin geschlafen hatte“, erzählt Ariane. Für sie bricht eine Welt zusammen. Doch Thomas schwört, dass das ein einmaliger Ausrutscher war. Ariane glaubt ihrem Mann, aber: „Ich will ihm ja verzeihen, nur ich kann das einfach nicht vergessen. Die Zeit muss zeigen, ob ich ihm wirklich je wieder vertrauen kann. Sonst bleibt uns nur die Trennung.“

In der Krise richtig entscheiden: Tipps und Infos

Seit über 15 Jahren ist Eric Hegmann Paar- und auch Single-Berater. Außerdem ist er Parship-Coach und Autor mehrerer Bücher zu den Themen Liebe & Beziehung. 

Gehen oder bleiben - geht es nur um die eigenen Gefühle?

Eric Hegmann: „Jein. Gefühle sind unser Antrieb. Aber die meisten Paare trennen sich, weil sie sich auseinandergelebt haben. Das bedeutet, dass sich die individuellen Ziele der Partner nicht mehr mit denen als Paar vereinbaren lassen.“

Bei welchen Themen sollte sich diese Frage gar nicht erst stellen?

„Definitiv bei so genannten toxischen Beziehungen. Anzeichen sind körperliche Gewalt oder auch andauernde Affären. Oft sind diese Menschen auch in emotionalen Abhängigkeiten gefangen. Das ist wie ein Suchtverhalten und keine Liebe. In solchen Fällen versuche ich im Einzelgespräch, dem Betroffenen die Angst vor der Trennung zu nehmen. Das Leben ist zu kurz für Beziehungen, die Schaden zufügen.“

Kann ich denn ein zerstörtes Vertrauen wieder aufbauen?

„Das ist möglich, aber oft klappt das nicht, denn dazu sind nach meiner Erfahrung beide Partner gefordert: Der betrogene Partner muss ernsthaft verzeihen wollen – und dies auch irgendwann können. Und der Betrüger muss wieder vertrauenswürdig werden, also künftig von sich aus mehr preisgeben, als er müsste. Da kommt also sehr viel zusammen, und so manches Paar, selbst mit besten Vorsätzen, scheitert daran.“

Was sagt mir, ob die Beziehung zu Ende ist? Herz oder Verstand?

„Das Herz sagt: ‚Ich bin unglücklich, ich will gehen!‘ Überprüft der Verstand jedoch dieses Gefühl, wird klar: ‚Mein Partner ist nicht dafür da, mich glücklich zu machen. Das ist mein Job.‘ Jetzt braucht es einen Abgleich zwischen Herz und Verstand. Evolutionär lässt sich übrigens gut herleiten, weshalb Gefühle so wichtig für uns sind. Sie haben uns in Gefahrensituationen überleben lassen, wenn schnell Entscheidungen gefällt werden müssen: Ist der Tiger vor uns gefährlich oder nicht? Heute begegnen uns zwar selten Tiger, aber es gilt trotzdem: auf Herz UND Verstand hören.“


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