Leben mit Diabetes: Welche Anzeichen und Symptome gibt es?

Leben mit Diabetes: Welche Anzeichen und Symptome gibt es?

In Deutschland gibt es aktuell mehr als 6 Millionen Menschen mit Diabetes und die Tendenz ist steigend. Wieso heute mehr Menschen an der „Zuckerkrankheit” erkranken als früher und was man dagegen tun kann, lesen Sie hier. 

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Insulinspritzende Diabetiker müssen jeden Tag ihren Blutzucker messen und sich regelmäßigen Kontrollen beim Arzt unterziehen. 

Es ist ein wahres Volksleiden geworden. Täglich erkranken 1.000 Deutsche neu. Besonders erschreckend: Die Patienten werden immer jünger. Dr. Nikolaus Scheper, Diabetologe aus Marl, klärt uns über die Ursachen und mögliche Formen der Therapie auf.

Warum erkranken immer mehr an Diabetes?

„Weil wir im Schlaraffenland leben. Unser moderner Lebensstil zwingt die Bauchspeicheldrüse in die Knie. Übergewicht und Bewegungsmangel sind Hauptauslöser für einen erhöhten Blutzucker. Typ-2-Diabetes wird sozusagen erworben, Typ-1-Diabetes dagegen ist eine Autoimmunerkrankung.“

Leben Zuckerkranke denn immer ungesund?

„Tatsächlich spielt die erbliche Veranlagung eine wichtige Rolle. Wenn beide Eltern an Zucker leiden, liegt das Risiko bei drei zu fünf, dass man an Typ-2-Diabetes erkrankt. Das bedeutet: Ein Lebensstil, der für familiär unvorbelastete Menschen noch gesund ist, kann dann bereits das Ausbrechen der Krankheit fördern.“

Sollte man sich besser auf die Krankheit testen lassen? 

„Nicht alle auf einmal – aber viel mehr. Bei Diabeteskranken in der Familie, bei einem Bauchumfang von über 88 Zentimetern bei Frauen und 102 Zentimetern bei Männern, bei Bluthochdruck oder auch hohen Blutfettwerten ist Kontrolle sinnvoll. Ab 35 zahlt die Kasse.“

Erkranken Übergewichtige früher oder später daran?

„Je dicker jemand ist, desto wahrscheinlicher ist, dass er früher oder später Typ-2-Diabetes bekommt. Mehr als 90 Prozent aller Diabetiker haben Übergewicht.“

Warum werden die Patienten immer jünger?

„Ganz einfach: Das bewegungsarme, zucker- und fettreiche Leben stellt gerade für Kinder ein besonderes Risiko dar. Vor 30 Jahren war ein Diabetiker unter 20 eine Rarität, aber inzwischen leiden immer mehr Kinder an der früher ‚Alterszucker‘ genannten Stoffwechselerkrankung. Ein Grund dafür ist auch, dass in den Kitas und auch in den Schulen Essen angeboten wird, das leider nicht angemessen ist.“

Wie könnte man die Zahl der Neuerkrankungen senken? 

„Durch eine breitere Ernährungs-Schulung und durch regelmäßigen Ausdauersport – drei Mal pro Woche, 30 Minuten. Durch Bewegung kann nämlich der Körper Fette und Kohlenhydrate besser und schneller abbauen. Auch Insulin wirkt wieder besser auf die Zellen. Sport steigert zudem den Grundumsatz, es werden automatisch mehr Kalorien verbrannt, auch wenn Sie mal pausieren.“

Diese 8 Symptome deuten auf die Krankheit hin

Durst und Harndrang

Der Körper versucht, den Zucker über den Urin auszuscheiden. Betroffene haben deshalb oft einen verstärkten Harndrang.

Müdigkeit, Leistungsabfall

Der Zucker ist zwar im Blut, kann aber nicht in die Zellen gelangen, weil zu wenig vom Transporter Insulin da ist. Die Zellen werden nicht richtig versorgt. Die Folge: Müdigkeit und Abgeschlagenheit.

Heißhunger

Auch hier sind die unterversorgten Zellen der Grund: Sie haben zu wenig Zucker. Sie brauchen aber welchen – und versuchen, ihn über weitere Nahrung zu bekommen. Der Körper meldet sich mit Heißhunger.

Gewichtsverlust ohne Grund

Und weil die Zellen ohne Zucker keine Energie produzieren können, greift der Organismus auf andere Quellen zu: Er verbrennt Fett und Eiweiß.

Neigung zu Infektionen

Der gestörte Zuckerhaushalt hat auch zur Folge, dass das Immunsystem nicht mehr richtig funktioniert. Die Folge: Die Betroffenen leiden oft an einem grippalen Infekt, und sie werden diesen Infekt auch nur schwer wieder los.

Schlecht heilende Wunden

Die Gefäße werden schlechter durchblutet. Gefäßveränderungen durch den Diabetes sowie ein geschwächtes Immunsystem sind die Ursache dafür.

Wadenkrämpfe

Durch den Diabetes gerät auch der körpereigene Magnesiumhaushalt durcheinander, und es kann dadurch zu nächtlichen Wadenkrämpfen kommen.

Sehstörungen

Wird der Diabetes nicht erkannt, kann es zu ersten Nervenschäden kommen. Sie führen zu Sehstörungen und einem Kribbeln auf der Haut.

Hautprobleme: Das tut gut und hilft

Sie ist trocken, sehr empfindlich und juckt: die Haut von Diabetikern. Grund: Der Körper versucht, überschüssigen Zucker über den Urin loszuwerden. Dabei verliert er Wasser, die Haut trocknet auf die Dauer aus. Außerdem ist sie anfälliger für Infektionen. Diabetiker sollten am besten nur ganz kurz und lauwarm duschen, um die Haut nicht zu strapazieren. Statt Seife besser milde Reinigungsmittel nehmen, die auf den pH-Wert der Haut abgestimmt sind und rückfettende Substanzen enthalten. Ganz wichtig: Gründlich abtrocknen, sonst Gefahr durch Keime. Nach dem Duschen gut eincremen. Fußbäder sollten nur fünf Minuten dauern, höchstens 35 Grad heiß sein. Danach gründlich abtrocknen.

Das 6-Punkte-Programm zur Vorbeugung

80 Prozent der Fälle könnten zu Beginn der Krankheit durch eine Umstellung abgewandt werden

1. Genug Schlaf!

Viele Studien haben ergeben, dass schon ein geringes Schlafdefizit den Zuckerhaushalt durcheinanderbringt. Außerdem zirkulieren mehr freie Fettsäuren im Blut, und die heben die Wirkung des Insulins auf. Sieben Stunden braucht man mindestens.

2. So viel Bewegung im Alltag wie möglich.

Studien belegen, dass schon zehn Minuten am Tag was bringen. Fahren Sie Rad, oder gehen Sie spazieren. Alles ist besser als nichts.

3. Auf die Ernährung achten.

Vollkorn lässt den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen und hält lange satt. Wichtig: Auch Obst enthält Zucker und Kohlenhydrate. Lieber weniger Obst und stattdessen mehr Gemüse essen.

4. Entspannen Sie sich.

Das Stresshormon Kortisol mobilisiert Energie, indem es den Blutzuckerspiegel erhöht. Außerdem werden bei Stress Botenstoffe aktiv, die dazu führen, dass das körpereigene Insulin nicht mehr so gut wirkt. Yoga oder Meditation helfen gut.

5. Sofortiger Nikotin-Stopp!

Rauchen erhöht das Risiko für Diabetes auf das Doppelte. Studien haben gezeigt, dass Tabakkonsum die Empfindlichkeit der Zellen gegen Insulin senkt und so eine Insulinresistenz begünstigt.

6. Den Blutdruck senken.

Zu hoher Blutdruck hat als Folgeerkrankung oft Diabetes im Gepäck. Bluthochdruck, in der Kombi mit erhöhtem Blutzucker und Cholesterinwerten, schädigt die Gefäße. Zur Vorsorge sollte man einmal im Jahr den Blutzucker testen lassen.

Ernährungs-Tipps

Die Zeit der Tabus ist vorbei. Diabetiker dürfen und sollen die gleichen Sachen essen wie Gesunde. Aber alles in Maßen: Kuchen, Schokolade oder auch ein bis zwei Gläser Wein sind für Diabetiker nicht mehr verboten. Sogar Haushaltszucker ist erlaubt. Zucker (und dazu zählt auch der versteckte) darf allerdings nicht mehr als maximal zehn Prozent der täglichen Kalorien betragen – das sind etwa 30 bis maximal 50 Gramm.

Fett: nur wenig Wurst essen, sichtbares Fett beim Fleisch abschneiden. Besser fettarme Milchprodukte essen. Für Salate und Co. Öle mit ungesättigten Fettsäuren nehmen wie Raps-, Oliven- oder Walnussöl.

Viele Ballaststoffe wie in Hülsenfrüchten oder Vollkornprodukten, dazu viel Gemüse. Auf Zucker- bomben wie Cola oder Limo aber besser verzichten.

Forscher entwickeln eine neue Impfung für den Typ-1-Diabetes

Eine Schluckimpfung gegen Diabetes: Für Typ-1- Diabetiker könnte das in Zukunft tatsächlich wahr werden. Aber nur dann, wenn die Veranlagung früh genug erkannt wird, und zwar schon im Säuglingsalter. Mit der groß angelegten Präventionsstudie „Primary Oral Insulin Trial“ (POInT-Studie), die gerade beginnt, kommen die Forscher diesem Ziel vielleicht schon bald einen großen Schritt näher.

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