Zuckerkonsum reduzieren: Wir essen viel zu viel Zucker!

Zuckerkonsum reduzieren: Wir essen viel zu viel Zucker!

Rund 5,8 Millionen Bundesbürger hatten im Jahr 2012 eine erkannte Zuckerkrankheit, bei weiteren 1,7 Millionen war der Diabetes noch nicht entdeckt worden. 90 Prozent der Betroffenen litten an Typ-2-Diabetes, früher meist als Altersdiabetes bezeichnet. Zwar ist tatsächlich etwa die Hälfte der Diabetiker über 65 Jahre alt, aber das Problem betrifft immer mehr jüngere Menschen. Und insgesamt nimmt die Zahl der Diabetiker ständig zu. Ein weltweites Problem: Experten der Weltgesundheitsorganisation schätzen, dass sich die Zahl der Diabetiker bis 2020 verdoppeln könnte. Ihre Forderung: Wir müssen unseren Zuckerkonsum reduzieren!

Wir müssen unseren Zuckerkonsum reduzieren© shutterstock
Wir essen zu viel Zucker!  

Beim Typ-2-Diabetes reagiert der Körper immer weniger empfindlich auf das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin. Dieses Hormon ebnet dem Energielieferanten Glukose den Weg aus dem Blut in die Zellen. Wenn die Körperzellen schlechter auf Insulin ansprechen, kann das Hormon weniger Zucker aus dem Blut in die Zellen befördern. Als Folge steigt der Blutzuckerspiegel nach und nach an. Langfristig leiden die großen und kleinen Arterien und häufig auch die Nerven. Folgekrankheiten sind unter anderem Augen- und Nierenschäden, aber auch Herzinfarkt
und Schlaganfall.

Hälfte der Deutschen ist übergewichtig

Doch wie kommt es zu dem Anstieg der Typ-2-Diabetes-Erkrankungen? Unser hoher Zuckerkonsum in Deutschland spielt dabei eine wichtige Rolle. Er kann das Risiko in zweifacher Weise erhöhen. Zum einen fördert viel Zucker im Essen das Übergewicht (zumal süße Speisen oft auch viel Fett enthalten), und Übergewicht ist ein anerkannter Diabetes-Risikofaktor. Auch verführen Süßigkeiten und süße Nahrungsmittel zum Naschen. Und: Studien speziell zu Softgetränken (Limos, Cola-Getränke) haben gezeigt, dass ein hoher Softgetränke-Konsum das Risiko für Typ-2-Diabetes deutlich erhöht.

Das sieht die Zuckerindustrie anders. Sie verweist darauf, dass allein die Energiebilanz entscheidet, ob wir zunehmen oder nicht. Zuckerkonsum – für Diabetes sei er kein Risikofaktor. „Diese Argumentation ist unseriös, weil sie entscheidende Zusammenhänge bewusst ausspart“, sagt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Selbstverständlich sei gegen den maßvollen Konsum von Zucker nichts einzuwenden: „Das Problem ist jedoch unsere heutige Ernährungsweise mit einer Vielzahl industriell erzeugter Lebensmittel, die ein Übermaß an Zucker, Fett und Salz enthalten und damit zu viele Kalorien.“ Und diese Ernährungsweise mit hochkalorischen Produkten führe dazu, dass inzwischen die Hälfte der Deutschen übergewichtig sei, was wiederum zu Diabetes und vielen anderen Krankheiten führen könne. Insofern müsse der weltweit viel zu hohe Zuckerkonsum dringend reduziert werden.

Wir unterschätzen den Zuckerkonsum und die Folgen

Tatsächlich ist Zucker allgegenwärtig. Nehmen wir an, Sie beginnen Ihren Tag mit einer Portion knusprigem Schokomüsli (50 Gramm) und einem Erdbeerjoghurt (125 Gramm). Dann haben Sie bereits 27, 5 Gramm Zucker aufgenommen. Essen Sie dann mittags eine 200 Gramm-Portion Diät-Kartoffel-Salat, kommen weitere 9 Gramm hinzu. Wer sich nachmittags noch eine Cola (0,33 l) gönnt, nimmt noch einmal 35 Gramm Zucker zu sich. Sie hätten also allein mit diesen vier Produkten 81 Gramm Zucker aufgenommen, ganz ohne Schokolade oder Kuchen.

Meist unterschätzen wir unseren Zuckerkonsum. Laut einer aktuellen Bevölkerungsumfrage wissen zwei Drittel der Deutschen nicht, wie viel Gramm Zucker sie pro Tag ungefähr aufnehmen. Im Schnitt verbrauchen wir in Deutschland 35 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Damit kommen wir auf einen Durchschnittsverbrauch von knapp 100 Gramm pro Tag. Das ist das Doppelte dessen, was die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt: Danach sollten höchstens zehn Prozent der täglich aufgenommenen Energiemenge aus Zucker bestehen. Bei einem durchschnittlichen Energieverbrauch von 2000 Kilokalorien wären das 200 Kilokalorien. Das entspricht einer Menge von 50 Gramm Zucker.

Zuckerkonsum reduzieren – trotz Tricks der Nahrungsmittelindustrie

Doch die WHO geht noch weiter und sagt: Besser wäre es, wir würden den Zuckerkonsum reduzieren, nur fünf Prozent der aufgenommenen Energie sollte aus Zucker stammen. Wir sollten also nur 25 Gramm konsumieren. Das sind etwa fünf bis sechs gestrichene Teelöffel. Der Zucker, den wir aufnehmen, ist nicht vor allem der, den wir in den Kaffee rühren. Das Problem ist der Zucker, den die Nahrungsmittelindustrie ihren Produkten zusetzt.

Auf den ersten Blick ist der oft kaum erkennbar. Denn Zucker hat inzwischen viele Namen – die Verbraucherzentralen entdeckten etwa 60 verschiedene. Die häufigsten Bezeichnungen für Zucker sind: Dextrose, Invertzuckersirup, Süßmolkepulver, Maltodextrin und Glukosesirup. Mit den vielen Namen auf den Zutatenlisten täuschen uns die Hersteller über den wahren Zuckergehalt und erschweren es uns, den Zuckerkonsum zu reduzieren.

Viel Zucker sogar in Weißkrautsalat

Ein weiteres Problem sind all jene pikanten Lebensmittel, bei denen wir Zucker nicht unbedingt erwarten. Zwar fügen wir auch zu Hause da und dort eine Prise Zucker zu. Aber gut zwei Teelöffel auf 100 Gramm Krautsalat, wie die Verbraucherzentralen im Regal entdeckten – das ist heftig.

Wie können wir denn nun unseren Zuckerkonsum reduzieren? Vor allem, indem wir viel selbst zubereiten. Statt des Knuspermüslis Haferflocken essen und diese mit Früchten und fettarmem Naturjoghurt vermengen. Indem wir bei fertigen Lebensmitteln sehr genau auf die Zutatenliste schauen. Indem wir uns von bewusst kleingehaltenen Portionsangaben nicht verwirren lassen. Indem wir der Werbeaussage „weniger Zucker“ nicht blind vertrauen. Aufgrund von anderen Inhaltsstoffen können in solchen Produkten mehr Kalorien stecken als in normalen. Und: Sogenannte „Light“-Produkte enthalten zwar in der Regel weniger Fett, sind aber häufig wahre Zuckerbomben!

Zuckerkonsum reduzieren: Wo wir kaum Zucker kaum vermuten

Fertigpizza: Das NDR-Verbrauchermagazin „Markt“ entdeckte in drei Salamipizzen mindestens doppelt so viel Zucker wie auf der Packung angegeben.
Fertige Salatdressings: Vor allem fettarme Sorten weisen viel Zucker auf: In zwei Esslöffeln Dressing stecken bis zu zwei Teelöffel Zucker.
Rotkohl aus dem Glas: In 100 Gramm finden sich Mengen, die bis zu 12 Würfelzuckern entsprechen.
Tomatensoße aus dem Glas: In einer halben Portion fertiger Tomatensoße verbergen sich bis zu vier Teelöffel Zucker.
Barbecuesoßen enthalten laut Verbraucherzentrale Niedersachsen zwischen 18 und 48 Gramm Zucker je 100 Milliliter.

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