Gicht: Ernährung und Erbanlagen spielen eine Rolle

Gicht: Ernährung und Erbanlagen spielen eine Rolle

„Der Dicke aber – autsch! mein Bein! – hat wieder heut’ das Zipperlein.“ Das reimte einst Wilhelm Busch. Zu seiner Zeit bedeutete Zipperlein nicht irgendeine Krankheit, sondern stand für die Gicht. Und dass ein Dicker darunter litt, war kein Wunder. Denn nur wer sich ein gutes Leben leisten konnte – mit viel gutem Essen, vor allem viel Fleisch, oder reichlich Alkohol, war gefährdet. Die Gicht betraf darum die Reichen und Mächtigen. Alexander der Große, Wallerstein und Friedrich der Große zum Beispiel waren bekannte Opfer.

Ein erster Gichtanfall betrifft häufig das Grundgelenk der großen Zehe. Nach drei Tagen ist der Spuk in der Regel wieder vorbei.© iStock
Ein erster Gichtanfall betrifft häufig das Grundgelenk der großen Zehe. Nach drei Tagen ist der Spuk in der Regel wieder vorbei.

Symptome bei Gicht: Erster Anfall kommt oft ohne Vorwarnung

Ein Gichtanfall ist eine sehr schmerzhafte Angelegenheit. Ein erster Anfall tritt häufig ohne Vorwarnung nachts im Grundgelenk des großen Zehs auf – das gilt für etwa 80 Prozent der Patienten. Das Gelenk schwillt an, rötet sich und schmerzt sogar, wenn man es nur berührt. „Doch es kommen auch andere Gelenke infrage“, erklärt Dr. Rainer Stange, leitender Arzt der Abteilung Naturheilkunde am Immanuel-Krankenhaus in Berlin. „Bis zu 20 Prozent der Betroffenen gehen wegen plötzlich auftretender Knieschmerzen zum Arzt. Und selbst Gicht in den Fingergelenken ist nicht selten.“

Ursachen für Gicht: Östrogenmangel erhöht bei Frauen das Risiko

Und wie kommt es zu der Gicht? Ursache ist ein Zuviel an Harnsäure im Blut. Diese entsteht, wenn Purine abgebaut werden. Purine kommen in den Zellen von Menschen, Tieren und Pflanzen als Bausteine der Erbsubstanz DNA vor. Harnsäure bildet sich darum erstens aus Purinen, die beim Abbau der körpereigenen Zellen anfallen. Zum anderen liefern zellhaltige Nahrungsmittel Purine. Besonders viele stecken in Innereien, Fleisch und Wurst, Fisch und Meeresfrüchten, Haut von Fisch und Geflügel oder Hefe. Die Harnsäure muss der Körper abbauen – 80 Prozent über die Niere, den Rest über den Darm, Speichel und Schweiß. Scheiden wir nicht genug Harnsäure aus, erhöht sich der Harnsäurespiegel im Blut („Hyperurikämie“). Bei etwa zehn Menschen der Betroffenen entwickelt sich daraus eine Gicht. „Zu den häufigsten Ursachen zählt eine erbliche Veranlagung“, weiß Dr. Stange. Männer haben ein zehnfach höheres Risiko zu erkranken als Frauen. Produziert der Körper nach den Wechseljahren allerdings das Hormon Östrogen nicht mehr, steigt auch beim weiblichen Geschlecht das Risiko.

Scharfkantige Kristalle reizen das Gewebe

Ein Zuviel an Harnsäure im Blut wird nicht gelöst. Es bilden sich daraus sogenannte Uratkristalle. Diese lagern sich in den Gelenken, Sehnen sowie in den Nieren und Harnwegen ab. Die scharfkantigen Kristalle reizen vor allem in den bewegten Gelenken das Gewebe. Es kommt zu immer schlimmeren Entzündungen. Knochen und Knorpel werden zerstört. Irgendwann sind die Gelenke nicht mehr beweglich und belastbar. Finger sehen dann knotig und gekrümmt aus. 

Ernährung bei Gicht: Besonders Bier sollte man meiden

40 Prozent der Uratkristalle lagern sich in den Nieren ab. Es bilden sich Nierengrieß oder Nierensteine, die die Niere verstopfen („Gichtniere“). Die Folgen sind Bluthochdruck, Harnstau, im schlimmsten Fall kann es zu Nierenversagen kommen. Da heißt es gegensteuern. Denn eine frühzeitige Behandlung ist bei Gicht hilfreich. „Die wichtigste Maßnahme, um die Harnsäurebelastung zu senken, ist eine purinarme Ernährung“, so der Rat von Dr. Stange. Meiden sollte man Alkohol (erhöht die Harnsäureproduktion, hemmt deren Ausscheidung). Besonders schlimm ist Bier, weil es auch Purine enthält. Betroffene sollten generell auf fettreiche Nahrung verzichten, weil beim Abbau von Fett der Harnsäureabbau ebenfalls eingeschränkt ist. 

Gut ist eine fettarme Ernährung mit viel Gemüse und Obst. Hülsenfrüchte enthalten ebenfalls Purine: Da aber pflanzliche Purine neuen Studien zufolge wohl kaum negativen Einfluss ausüben, ist deren Konsum in Maßen erlaubt. Fleisch sollte nur in geringem Maße verzehrt werden, am besten gekocht. Denn dabei gehen Purine ins Kochwasser über – die Brühe sollte dann nicht mehr verwendet werden. Der Puringehalt von Fisch und Geflügel verringert sich deutlich, wenn man die Haut weglässt.

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