Nicht, dass Männer tatsächlich nur eine erogene Zone hätten. Nein, das ist ganz sicher nicht der Fall. Männer sind genauso empfindsam am ganzen Körper wie Frauen. Aber ihre Aufmerksamkeit wird schon in der frühkindlichen Erziehung sehr auf ihren Penis gelenkt. Der ist ja nun auch sehr präsent und äußerst empfänglich für taktile Reize. Und genau das wiederum führt häufig dazu, dass ein Mann auch im späteren Leben sein erotisches Augenmerk auf eben genau diesen Teil seines Körpers richtet und gar nicht entdeckt, wie schön auch andere Berührungen sein können. Bei Frauen wiederum ist es genau andersherum. Vulva und Vagina werden eher ausgespart bei der Aufmerksamkeit der Eltern, was dazu führt, dass sie auch später als erwachsene Frauen kein rechtes Verhältnis zu diesem Teil ihres Körpers haben. Das heißt also, dass es für beide noch so einiges zu entdecken gibt!
Die Landkarte der erogenen Zonen
Die erogenen Zonen verteilen sich bei beiden Geschlechtern über den ganzen Körper. Vom Scheitel bis zur Sohle sozusagen. Hat Euch schon einmal jemand zart ins Ohr gepustet, woraufhin sich Eure Kopfhaut wie elektrisiert anfühlte? Da haben wir auf einen Schlag gleich zwei erogene Zonen: Die Kopfhaut und die Ohren. Die Kopfhaut gehört zu den sogenannten unspezifischen erogenen Zonen. Das sind alle Bereiche, an denen unsere Haut eine nicht ganz so hohe Dichte an Nervenenden enthält. Dazu gehören auch der Hals (oh wie schön, wenn sie den Kopf zurückstreckt und er mit den Lippen über die zarte Haut fährt), der Rücken, die Seiten und die Arm- und Beininnenseiten. Im Gegensatz dazu haben wir die spezifischen erogenen Zonen mit einer höheren Dichte an Nervenenden, zu denen die Ohrmuscheln zählen, aber auch die Augen, die Mundhöhle, Brustwarzen und der Intimbereich. Hier sind Berührungen besonders intensiv. Aber erst wenn wir erregt sind, erwachen unsere erogenen Zonen so richtig zum Leben!
Sie werden an dieser Aufzählung schon bemerkt haben, dass es eigentlich keinen Bereich unseres Körpers gibt, der nicht erogen ist. Wir müssen es nur zulassen können und unseren Gefühlen trauen. Sie können sich mit Ihrem Partner für diese spezielle Reise gern verabreden. Dazu gehört auch, dass Sie sich genügend Zeit lassen. Damit meine ich auch, dass Sie nicht gleich nach den ersten zwei Minuten zum üblichen Programm wechseln. Verabreden Sie sich zum Beispiel 15 Minuten pro Partner. Das reduziert den Leistungsdruck und Sie können sich besser auf die Empfindungen konzentrieren. Suchen Sie sich einen schönen Platz, das Bett, ein großes Sofa, das Bärenfell vor dem Kamin, sorgen Sie für eine angenehmen Raumtemperatur, dimmen Sie das Licht, spielen Sie vielleicht schöne Musik ab. Alles, womit Sie sich wohlfühlen.
Die Berührungen genießen
Wer will zuerst? Derjenige oder diejenige legt sich nackt auf den Bauch und lässt sich vom Partner verwöhnen. Mit leichten, festen, streichelnden oder klopfenden Berührungen können Sie Ihre Körper von oben nach unten liebkosen. Oder von unten nach oben. Federn, warme Massagesteine, Eiswürfel können die Berührungen unterstützen. Sie können knabbern, küssen, lecken, lutschen. Es geht darum, herauszufinden, was wo angenehm ist und was nicht. Dafür ist es auch wichtig, dass der aktive Partner eine Rückmeldung bekommt. Stöhnen, Grunzen, Hände führen, Wegdrehen, entgegenkommen, alles ist erlaubt. Beiden soll es auf dieser Entdeckungsreise gut gehen, daher darf auch der aktive Partner darauf achten, was ihm oder ihr gefällt und was nicht. Es kann auch sein, dass es einem von Ihnen zu viel wird. Dann können Sie aufhören, eine Pause einlegen oder die Rollen tauschen.
Die Reise könnte wie folgt aussehen: Von den Füßen und Zehen über die Innen- und Außenseiten der Beine bis zur Rundung des Pos. Von hier aus geht es weiter über den Rücken und die Seiten bis zum Hals, den Ohren und zum Haaransatz. Hier heißt es einmal umdrehen und es geht den Weg auf der Vorderseite wieder genüsslich hinab. Nun habe ich oben die unterschiedliche Bewertung des weiblichen und des männlichen Genitals angesprochen. Wenn Sie sich also auf die heißesten der erogenen Zonen zu bewegen, seien Sie ganz besonders aufmerksam. Für ihn gilt, sich auf die Berührungen außerhalb des Penis zu konzentrieren. Am ganzen Körper, speziell aber auch am Hodensack, dem Damm und eventuell am Anus, je nachdem, wie weit Sie sich vorwagen wollen. Sie wiederum darf die Berührung ihrer Vulva und Vagina zulassen und in sich hineinfühlen. Dazu ist es sinnvoll, dass er sich einzeln mit den äußeren und innen Labien, der Klitoris und dem Vaginaleingang beschäftigt. Um ihr die Scheu zu nehmen, kann er ihr währenddessen auch sagen, was er sieht, wie es sich anfühlt und ob er es genießt.
Und damit wünsche ich Ihnen eine wunderbare Reise! Und Sie können sich natürlich auch selber erkunden. Dabei gelten dieselben Voraussetzungen wie für ein Paar, also sich Zeit nehmen, eine angenehme Umgebung schaffen, verschiedene Formen der Berührung ausprobieren. Und auch hier heißt es, nicht gleich aufs Ziel loszusteuern. Der Weg ist das Ziel!
Anja Drews, Sexualwissenschaftlerin für ORION